Das sehe ich doch um einiges differenzierter - ich "beobachte" ja diesen Bereich mittlerweile seit mehreren Jahren.
Manche Punkte mögen schon dazu beigetragen haben, aber die günstigen "int. Calls" und Promo-Tarife gibt es erstens erst seit kurzem und sind zweitens in nur seehr eingeschränktem Ausmaß günstiger - selbst für den kostenbewussten Italien-Urlauber, der 2 Wochen im Jahr dort verbringt.
Das Klientel ist sicher ein ganz anderes...
Darum - nur für interessierte - ein Essay über die "Entwicklung des CallingCards- und int. SIM-Karten-Bereiches".
Zur Geschichte, lange bevor Ö am TK-Markt lieberalisiert wurde: Angefangen hat ja das ganze mit den Ur-CallingShops (bekannt hauptsächlich aus Urlaubsländern), die als erste Konkurrenz zu den staatlichen Telefonzellen aufgetaucht sind - die Preise waren trotzdem horrend. Relativ rasch wurden diese dann durch CallingCards ergänzt und auch weitestgehend abgelöst, da einfach die 5 Telefone in so einem CallingShop zu wenig waren und sich immer weniger die Mühe machten, minutenlang zu marschieren. Als Folge waren dann auch die ganzen Telefonzellen belegt, weil auch nicht viele Hotels Telefone im Zimmer hatten. Zu dieser Zeit waren auch nicht Geschäftsleute die Stammkunden, weil das Geschäft gut genug ging, in einem teuren Hotel ein teures Telefon zu nutzen.
So, wieder Jahre später: Die CallingCards waren mittlerweile voll etabliert und hatten sogenannte 00800-Einwahlnummern, also Nummern, die auch vom Handy aus kostenlos erreichbar waren. In gewisser Weise haben die CallingCard-Betreiber vergleichbar mit einem Schmarozer die Infrastruktur gratis genutzt und lediglich die Großhandelspreise überteuert verkauft.
Zu dieser Zeit waren die Roamingkosten auch kurioser Weise sehr günstig --- da gab es noch kein Zonenroaming. Inlandsgespräche kosteten Hausnummer 20c und Roaminggespräche Hausnummer 50c. Anm.: Ich kann mich noch erinnern, dass Roaminggespräche im Steuerparadies Zypern nach Österreich 16c (!) gekostet haben, innerhalb Zyperns 8c - unglaublich aus heutiger Sicht... SMS war ja auch so eine Story, haben damals praktisch nichts gekostet.
Aber warum war das so!? Meine Interpretation: Die Infrastruktur wurde in allen Bereichen (Fest + Mobil) enorm gepuscht, hat sich in manchen Teilbereichen wie Festnetz vielleicht schon armortisiert, die Endkunden-Preise waren sehr hoch, die Großhandelspreise sind nachgegangen und die Kapazitäten vllt. zu groß dimensioniert.
Zu dieser Zeit sind die ersten int. SIM-Karten aufgetaucht, weil der Markt eben erkannt hat, dass die "Fixline"-Zeit mit den CallingCards auch schon an seine Grenzen gestossen ist --- alle Telefonzellen waren gerammelt voll; eine Mobilfunkzelle dagegen wurde kaum voll genutzt und war auch ortsunabhängig verfügbar. Damals dürfte es auch noch ein leichtes gewesen sein, als MVNO einen Vertrag bekommen zu haben, genauso wie es bei den Roamingverträgen der einzelnen Beteiber war. Viele hatten Überkapazitäten und waren froh, wenn es die Möglichkeiten eines zusätzlichen Geschäftes gab.
Gut, wir spulen einige Jahre vor Mitte dieses Jahrzehntes: Die Zeiten haben sich drastisch geändert. Die CallingCards wurden praktisch ausgerottet: Über Festnetz-Einwahlnummern kamen infrastrukturbedingt Kosten dazu, beim Mobilfunk wurden die 0800 und 00800 gesperrt und bei den Telefonzellen-Betreibern wurden ordentliche Kosten für 0800er aufdividiert.
Im Mobilfunk kaum anders: Jeder Betreiber hat das große Inlands-Geschäft gewittert und mit unrealistisch niedrigen Preisen den Markt umkämpft. Die Kapazitäten kamen an ihre Grenzen, die Einnahmen sanken drastisch und die Bereitschaft ein zusätzliches Handy im Netz aufzunehmen (sei es via MVNO oder Roaming) schrumpfte. Was passierte?: Das Pendel schlug in die andere Richtung aus: Die Roamingkosten (Stw. Zonenroaming) explodierten, Zusatzdienste wie SMS wurden massiv verteuert und die beginnenden Datengeschichten sind zu vergoldeten Preisen offeriert worden.
Und witziger Weise war genau diese Zeit der Aufstieg der int. SIM-Karten: Es war ein leichtes, die großen Betreiber zu unterbieten und trotzdem die Spesen als MVNO zu decken, die Nachfrage war dementsprechend gut und die MwSt. (die bei der Aufladung eingefordert wird aber nicht abzuführen ist) war ein zusätzliches Zuckerl. Und wo jemand ein "goldenes" Geschäft macht, lässt Neid nich lange auf sich warten.
Meine
Vermutung ist, dass MVNO-Verträge massiv verteuert wurden und die Nummern von solchen "nicht exklusiv-Partnern" nachgereiht behandelt wurden - das würde auch die Entwicklung der int. SIMs in letzter Zeit erklären: Netzabschaltung wegen neuer Verträge mit neuen Partnern, Konkurs einzelner Betreiber [Anm.: Die CEOs haben natürlich ihr Geld abgeschöpft] und unzuverlässige Qualität. Schließlich sehen die MVNO-"Netzbereitsteller" und auch die Roamingpartner ganz genau, wieviele Minuten über solche SIMs laufen...
Zurück zu einem konkreten Beispiel: Solomo macht es m.M.n. sehr geschickt. Einerseits sind sie MVNO im E-Plus-Netz mit einer "Inlands-SIM" und haben dadurch sicherlich einen guten "Inlandsumsatz". Andererseits bieten sie int. Dienste zu vernünftigen Preisen an. Als weiterer Punkt verbessern sie stetig ihre Tarife und Service-Leistungen wie VoIP --- bei denen sehe ich wirklich eine Zukunftsperspektive. Viele andere Betreiber werden als temporäres Strohfeuer fungieren, aber nicht wirklich weiter bestehen. Die Zukunft liegt in diesem Weg, den Solomo eingeschlagen hat. Diesen Weg wünsche ich mir persönlich und aus einem gewissen Eigennutz (= eine billige inländische int. SIM zu haben) heraus auch für Mitacs.
Um das ganze noch abzurunden: Bei Datendiensten wurde mir von unserem A1-Kundenbetreuer berichtet, dass jeder Kunde (beim derzeitigen Preisniveau) von Anfang an einmal einen Verlust bringt. Hier überholt nochdazu die Technologie (Stw. HSDPA+) die Netzkapazitäten. Von daher werden die Daten-Roamingtarife kaum sinken. Eine EU-VO wird höchstens zu einer Deaktivierung des Dienstes führen. Die Betreiber haben einfach gelernt, dass ein ungesunder Preiskampf
alle Betreiber umbringt.
Nun gut, sollte ich bei manchen Annahmen oder Darstellung falsch liegen, lade ich gerne ein, mich in den Punkten zu korrigieren und zu berichtigen.
Ansonsten hoffe ich, dass ich euch mit meinem - ich denke - längsten Posting überhaupt nicht zu sehr gelangweilt habe.
Grüße
Stefan